Konrat Ziegler
Aktiv an folgenden Orten:
Humanist auch in schweren Zeiten
In der Universitätsstadt Göttingen erinnert eine Gedenktafel mit der Inschrift: „Konrat Ziegler (1884–1974), Gerechter unter den Völkern“ an den Professor für Klassische Philologie Konrat Fürchtegott Ziegler, der in der Zeit des Nationalsozialismus mehreren jüdischen Familien und Kollegen half und dafür postum von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt wurde. Er steht hier als Beispiel für einen Universitätsprofessor, der seiner demokratischen Überzeugungen auch in schwierigen Zeiten treu geblieben ist.
Werdegang vor 1933
Konrat Julius Fürchtegott Ziegler wurde am 12. Januar 1884 geboren und wuchs mit sechs Geschwistern in einer Breslauer Kaufmannsfamilie auf. Wegen des frühen Todes seiner Mutter übernahm Konrat als drittältestes Kind schon früh besondere Verantwortung innerhalb der Familie und im Unternehmen seines Vaters. Die Absicht, in dessen Fußstapfen zu treten, hatte Konrat jedoch nicht, galt doch seine Leidenschaft der Klassischen Philologie, die ihn sein Leben lang begleitete. So belegte er nach dem Schulabschluss 1902 die Studiengänge Archäologie, Geschichte und Klassische Philologie an der Universität Breslau. Konrat Ziegler schloss das Studium 1905 mit einer Promotion ab und wurde 1907 habilitiert. 1910 berief man ihn an der Universität Breslau im Alter von 26 Jahren zum außerordentlichen Professor für Klassische Philologie. Er heiratete Johanna Hübner und in den darauffolgenden Jahren (1913–1921) kamen die vier gemeinsamen Söhne und eine Tochter zur Welt.
Der Erste Weltkrieg verzögerte vorerst die weitere akademische Laufbahn Konrat Zieglers. Er wurde vor allem als Dolmetscher an der Front im Balkan und später als Presseattaché der kaiserlichen Gesandtschaft in Sofia eingesetzt. Nach seiner Rückkehr erhielt er eine Stelle als ordentlicher Professor an der Universität Breslau. 1923 nahm er einen Ruf der Greifswalder Universität an und setzte dort zielstrebig seine Karriere fort: 1926/27 wurde er zum Dekan der Philosophischen Fakultät und wenig später 1928/29 zum Rektor der Hochschule ernannt.
Werdegang vor 1933
Konrat Julius Fürchtegott Ziegler wurde am 12. Januar 1884 geboren und wuchs mit sechs Geschwistern in einer Breslauer Kaufmannsfamilie auf. Wegen des frühen Todes seiner Mutter übernahm Konrat als drittältestes Kind schon früh besondere Verantwortung innerhalb der Familie und im Unternehmen seines Vaters. Die Absicht, in dessen Fußstapfen zu treten, hatte Konrat jedoch nicht, galt doch seine Leidenschaft der Klassischen Philologie, die ihn sein Leben lang begleitete. So belegte er nach dem Schulabschluss 1902 die Studiengänge Archäologie, Geschichte und Klassische Philologie an der Universität Breslau. Konrat Ziegler schloss das Studium 1905 mit einer Promotion ab und wurde 1907 habilitiert. 1910 berief man ihn an der Universität Breslau im Alter von 26 Jahren zum außerordentlichen Professor für Klassische Philologie. Er heiratete Johanna Hübner und in den darauffolgenden Jahren (1913–1921) kamen die vier gemeinsamen Söhne und eine Tochter zur Welt.
Der Erste Weltkrieg verzögerte vorerst die weitere akademische Laufbahn Konrat Zieglers. Er wurde vor allem als Dolmetscher an der Front im Balkan und später als Presseattaché der kaiserlichen Gesandtschaft in Sofia eingesetzt. Nach seiner Rückkehr erhielt er eine Stelle als ordentlicher Professor an der Universität Breslau. 1923 nahm er einen Ruf der Greifswalder Universität an und setzte dort zielstrebig seine Karriere fort: 1926/27 wurde er zum Dekan der Philosophischen Fakultät und wenig später 1928/29 zum Rektor der Hochschule ernannt.
Prof. Dr. Konrat Ziegler in Greifswald. Universitätsarchiv Greifswald.
Politisches Engagement und Entlassung aus dem Universitätsbetrieb
Konrat Zieglers großes Engagement beschränkte sich nicht auf den von ihm zielstrebig verfolgten beruflichen Weg, sondern manifestierte sich auch in seinem politischen Engagement: Er war eines der Gründungsmitglieder der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), darüber hinaus Mitglied im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und wirkt bereits seit 1928 aktiv im Vorstand des Vereins zur „Abwehr des Antisemitismus“ mit. Toleranz sowie liberale, pazifistische und demokratische Werte waren ihm ein hohes Gut – sie wurden wegweisend für sein Handeln nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933. „Nationalistische Exzesse“ lehnte er entschieden ab. Als republikanisch engagierter Hochschullehrer war Konrat Ziegler eine Ausnahme in dieser Zeit.
Vor diesem Hintergrund war es nur naheliegend, dass Konrat Ziegler sich früh sehr kritisch mit der Politik der Nationalsozialisten auseinandersetzte und mit ihr in Konflikt geriet. Aus seiner Ablehnung machte er kein Geheimnis und so gehörte er zu den ersten Beamten, die direkt nach dem von den Nationalsozialisten beschlossenen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 entlassen wurden. Sorge bereitete ihm fortan die finanzielle Situation seiner Familie, denn man kürzte ihm auch noch seine Pension um 50% und verlangte, dass er mit seiner siebenköpfigen Familie aus dem von der Universität zur Verfügung gestellten Wohnhaus ausziehe.
Nach dem Verlust seiner Professur hielt Ziegler nichts mehr in Greifswald und er zog im Herbst 1934 mit seiner Frau und seinen Kindern nach Berlin-Schöneberg. Um einigermaßen über die Runden zu kommen, gab er Privatunterricht. Als das Haus, in dem die siebenköpfige Familie lebte, ausgebombt wurde, fand Ziegler ab November 1943 Unterkunft bei seinen beiden Schwestern in Osterode am Harz.
Politisches Engagement und Entlassung aus dem Universitätsbetrieb
Konrat Zieglers großes Engagement beschränkte sich nicht auf den von ihm zielstrebig verfolgten beruflichen Weg, sondern manifestierte sich auch in seinem politischen Engagement: Er war eines der Gründungsmitglieder der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), darüber hinaus Mitglied im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und wirkt bereits seit 1928 aktiv im Vorstand des Vereins zur „Abwehr des Antisemitismus“ mit. Toleranz sowie liberale, pazifistische und demokratische Werte waren ihm ein hohes Gut – sie wurden wegweisend für sein Handeln nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933. „Nationalistische Exzesse“ lehnte er entschieden ab. Als republikanisch engagierter Hochschullehrer war Konrat Ziegler eine Ausnahme in dieser Zeit.
Vor diesem Hintergrund war es nur naheliegend, dass Konrat Ziegler sich früh sehr kritisch mit der Politik der Nationalsozialisten auseinandersetzte und mit ihr in Konflikt geriet. Aus seiner Ablehnung machte er kein Geheimnis und so gehörte er zu den ersten Beamten, die direkt nach dem von den Nationalsozialisten beschlossenen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 entlassen wurden. Sorge bereitete ihm fortan die finanzielle Situation seiner Familie, denn man kürzte ihm auch noch seine Pension um 50% und verlangte, dass er mit seiner siebenköpfigen Familie aus dem von der Universität zur Verfügung gestellten Wohnhaus ausziehe.
Nach dem Verlust seiner Professur hielt Ziegler nichts mehr in Greifswald und er zog im Herbst 1934 mit seiner Frau und seinen Kindern nach Berlin-Schöneberg. Um einigermaßen über die Runden zu kommen, gab er Privatunterricht. Als das Haus, in dem die siebenköpfige Familie lebte, ausgebombt wurde, fand Ziegler ab November 1943 Unterkunft bei seinen beiden Schwestern in Osterode am Harz.
Osterode auf einer Postkarte von 1920
Unterstützung für jüdische Verfolgte
Obwohl Ziegler selbst bei der Gestapo wegen „nationaler Unzuverlässigkeit“ unter Beobachtung stand, vertrat er weiterhin eine eindeutige politische wie auch humanistische Haltung und schreckte nicht davor zurück, Verfolgten zu helfen. Auch bewegte er sich in oppositionellen Kreisen.
Fluchthilfe für die jüdische Familie Schwabe
1938 kam Ziegler in Berlin über einen seiner Privatschüler, dem Sohn des jüdischen Bankiers Dr. jur. Schwabe, in Kontakt mit dessen Familie, die zu diesem Zeitpunkt ihre Emigration plante. Ziegler erklärte sich bereit, den Familienbesitz zu verwahren, da den Schwabes im Zuge der sogenannten „Arisierung“ die Zwangsenteignung drohte. Über Mittelsmänner sollte das Vermögen nach erfolgreicher Emigration wieder in Schwabes Hände übergehen. Ziegler beteiligte sich im Vorfeld an der Vorbereitung der Auswanderung und bezog noch weitere Mithelfer ein. Er reiste nach Großbritannien, um dort mit dem Bischof von Chichester, einem Kollegen aus Oxford, Professor Gilbert Murray, und einem Bankdirektor namens Andrew aus London zusammenzutreffen und die Einreise der Familie zu planen.
Die Hilfsaktion missglückte, da der Geldtransport an der niederländischen Grenze aufflog und Ziegler als Beteiligter identifiziert wurde. Glücklicherweise gelang es Familie Schwabe zu einem späteren Zeitpunkt, in die USA auszuwandern. Konrat Ziegler wurde jedoch verhaftet und am 25. Mai 1940 wegen „Beihilfe zu einem Devisenvergehen“ zu einer Haftstrafe von 1,5 Jahren sowie einer Geldstrafe von 20.000 RM verurteilt. Die Geldstrafe und ein Teil der Gefängnisstrafe wurden ihm nach einer zwölfmonatigen Inhaftierung erlassen. Es wurde ihm jedoch ein Publikationsverbot auferlegt. Ein vom Reichsministerium am 3. März 1939 eingeleitetes zusätzliches Dienstverfahren, infolgedessen man sein Ruhegehalt gekürzt hätte, wurde schließlich am 14. November 1941 eingestellt. Das Gericht erließ ein für damalige Zeit recht mildes Strafmaß. Beschuldigte man ihn in diesem Verfahren zunächst, „sich staatsfeindlich betätigt zu haben“, verurteilte man Konrat Ziegler letztlich wegen „Beihilfe zur ungenehmigten Versendung von Zahlungsmitteln ins Ausland“. So heißt es in der Urteilsschrift:
„Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Tat des Schuldigen objektiv geeignet ist, den Bestand und die Sicherheit des Staates zu untergraben oder zu gefährden. Es hat mit dazu beigetragen, daß ein Jude, von dem er wußte, daß er auswandern wollte, bzw., daß er bereits ausgewandert war, sein Geld und Juwelen von erheblichem Wert auf illegale Weise über die Grenze bringen konnte. […] Dagegen kann nach Ansicht der Dienststrafkammer dem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden, daß er den Willen hatte, den Beistand und die Sicherheit des Staates zu gefährden. Schon im Urteil der Strafkammer ist darauf hingewiesen, daß sich das Verhalten des Beschuldigten nur durch eine starke Dosis Weltfremdheit, gepaart mit außergewöhnlicher Hilfsbereitschaft, erklären läßt.“
Unterstützung für jüdische Verfolgte
Obwohl Ziegler selbst bei der Gestapo wegen „nationaler Unzuverlässigkeit“ unter Beobachtung stand, vertrat er weiterhin eine eindeutige politische wie auch humanistische Haltung und schreckte nicht davor zurück, Verfolgten zu helfen. Auch bewegte er sich in oppositionellen Kreisen.
Fluchthilfe für die jüdische Familie Schwabe
1938 kam Ziegler in Berlin über einen seiner Privatschüler, dem Sohn des jüdischen Bankiers Dr. jur. Schwabe, in Kontakt mit dessen Familie, die zu diesem Zeitpunkt ihre Emigration plante. Ziegler erklärte sich bereit, den Familienbesitz zu verwahren, da den Schwabes im Zuge der sogenannten „Arisierung“ die Zwangsenteignung drohte. Über Mittelsmänner sollte das Vermögen nach erfolgreicher Emigration wieder in Schwabes Hände übergehen. Ziegler beteiligte sich im Vorfeld an der Vorbereitung der Auswanderung und bezog noch weitere Mithelfer ein. Er reiste nach Großbritannien, um dort mit dem Bischof von Chichester, einem Kollegen aus Oxford, Professor Gilbert Murray, und einem Bankdirektor namens Andrew aus London zusammenzutreffen und die Einreise der Familie zu planen.
Die Hilfsaktion missglückte, da der Geldtransport an der niederländischen Grenze aufflog und Ziegler als Beteiligter identifiziert wurde. Glücklicherweise gelang es Familie Schwabe zu einem späteren Zeitpunkt, in die USA auszuwandern. Konrat Ziegler wurde jedoch verhaftet und am 25. Mai 1940 wegen „Beihilfe zu einem Devisenvergehen“ zu einer Haftstrafe von 1,5 Jahren sowie einer Geldstrafe von 20.000 RM verurteilt. Die Geldstrafe und ein Teil der Gefängnisstrafe wurden ihm nach einer zwölfmonatigen Inhaftierung erlassen. Es wurde ihm jedoch ein Publikationsverbot auferlegt. Ein vom Reichsministerium am 3. März 1939 eingeleitetes zusätzliches Dienstverfahren, infolgedessen man sein Ruhegehalt gekürzt hätte, wurde schließlich am 14. November 1941 eingestellt. Das Gericht erließ ein für damalige Zeit recht mildes Strafmaß. Beschuldigte man ihn in diesem Verfahren zunächst, „sich staatsfeindlich betätigt zu haben“, verurteilte man Konrat Ziegler letztlich wegen „Beihilfe zur ungenehmigten Versendung von Zahlungsmitteln ins Ausland“. So heißt es in der Urteilsschrift:
„Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Tat des Schuldigen objektiv geeignet ist, den Bestand und die Sicherheit des Staates zu untergraben oder zu gefährden. Es hat mit dazu beigetragen, daß ein Jude, von dem er wußte, daß er auswandern wollte, bzw., daß er bereits ausgewandert war, sein Geld und Juwelen von erheblichem Wert auf illegale Weise über die Grenze bringen konnte. […] Dagegen kann nach Ansicht der Dienststrafkammer dem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden, daß er den Willen hatte, den Beistand und die Sicherheit des Staates zu gefährden. Schon im Urteil der Strafkammer ist darauf hingewiesen, daß sich das Verhalten des Beschuldigten nur durch eine starke Dosis Weltfremdheit, gepaart mit außergewöhnlicher Hilfsbereitschaft, erklären läßt.“
Hilfe für die Familien Kogge
Auch die einjährige Haft und das erhöhte Risiko konnten Konrat Ziegler nicht davon abhalten, weiterhin aktiv zu bleiben. Er half dem befreundeten Ehepaar Kogge, die in der Greifswalder Zeit Nachbarn waren. Werner Kogge war mit seiner jüdischen Frau Martha Kogge (geb. Kassel) verheiratet. Das Paar lebte in einer sogenannten „Mischehe“.
Konrat Ziegler und seine Frau hielten die Freundschaft zu Werner und Martha Kogge auch in der Öffentlichkeit aufrecht und unternahmen 1941 eine gemeinsame Urlaubsreise nach Österreich. Dabei bestand das Risiko, dass bei einer Ausweiskontrolle der Pass von Frau Kogge überprüft werden würde, der, wie von den Nationalsozialisten angeordnet, ein rotes „J“ für „Jude“ enthielt. Während den Ausweiskontrollen war also vereinbart, dass Frau Kogge sich unter den Sitzen des gemeinsamen Zugabteils verstecken sollte.
Hilfe für die Familie Herzfeld
Auch mit seinem Kollegen Professor Herzfeld und dessen Familie war Konrat Ziegler durch Besuche in stetem Kontakt. Im Oktober 1942 nahm sich das jüdische Paar Herzfeld jedoch das Leben, da es für sich keinen Zukunft mehr sah. Die gemeinsame Tochter Lotte Herzfeld blieb allein zurück. Konrat Ziegler nahm die junge Frau unter dem Namen Lotte Lange mehrfach in seinem Haus auf. Erst nachdem die Zieglers 1943 nach Osterode umzogen, musste Lotte untertauchen, überlebte aber auf diese Weise.
Hilfe für Zieglers Kollegen Professor Kurt Latte
Von den Zwangsentlassungen durch die Nationalsozialisten war 1935 auch der jüdische Professor Kurt Latte betroffen. Wie Konrat Ziegler hatte er 1923 einen Ruf als Professor der Klassischen Philologie an die Greifswalder Universität erhalten, wo die beiden Lehrenden sich kennenlernten. 1933 war Kurt Latte Professor in Göttingen und wurde zunächst als ehemaliger Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg geschont. 1935 wurde er jedoch nach den „Nürnberger Gesetzen“ entlassen. Schon im nächsten Jahr eröffnete sich für ihn zunächst die Möglichkeit, für einen Lehrauftrag in die USA nach Chicago zu reisen, jedoch kehrte er 1937 wegen des gesundheitlichen Zustandes seiner Mutter nach Deutschland zurück. Es folgten schwere Jahre, in denen er in vielen wechselnden Verstecken untertauchte. Für den Fall, dass man ihn entdeckte, hatte er sich eine Kapsel des Giftes Zyankali besorgt, um in den Freitod zu gehen.
1944 wurde die Lage für Kurt Latte in seinem Versteck in Düsseldorf aufgrund der starken Bombardierung durch die Alliierten immer bedrohlicher. Konrat Ziegler lud ihn ein, zu ihm nach Osterode zu kommen. Latte nahm das Angebot schließlich an und wurde zunächst von Zieglers selbst und dann in dem kleinen Ort Freiheit untergebracht. Schon vor Kurt Lattes Besuch hatte Ziegler ihm regelmäßig Lebensmittelkarten und Zigaretten zugesandt. Kurt Latte überlebte den Krieg schließlich auch durch die Hilfe von Konrat Ziegler. Der gemeinsame Briefwechsel zeugt von einem freundschaftlichen, vertrauten Verhältnis zwischen den beiden.
„Er folgte der Einladung und kam, ich besorgte ihm zuerst ein […] Zimmer […], führte ihn bei meinen Freunden ein und sorgte auch sonst nach Möglichkeit für ihn ohne Rücksicht darauf, dass ich mich damit in schwere Gefahr begab, da ich ja wegen Unterstützung jüdischer Freunde bei ihrer Flucht aus Deutschland 1939/40 […] bestraft worden war und als Rückfälliger, zumal in der Hochspannung der letzten Kriegsmonate, mit schwerster Strafe zu rechnen hatte“, schrieb Ziegler im Rückblick (SUB, Aktennotiz v. 18.3.1947).
Hilfe für die Familien Kogge
Auch die einjährige Haft und das erhöhte Risiko konnten Konrat Ziegler nicht davon abhalten, weiterhin aktiv zu bleiben. Er half dem befreundeten Ehepaar Kogge, die in der Greifswalder Zeit Nachbarn waren. Werner Kogge war mit seiner jüdischen Frau Martha Kogge (geb. Kassel) verheiratet. Das Paar lebte in einer sogenannten „Mischehe“.
Konrat Ziegler und seine Frau hielten die Freundschaft zu Werner und Martha Kogge auch in der Öffentlichkeit aufrecht und unternahmen 1941 eine gemeinsame Urlaubsreise nach Österreich. Dabei bestand das Risiko, dass bei einer Ausweiskontrolle der Pass von Frau Kogge überprüft werden würde, der, wie von den Nationalsozialisten angeordnet, ein rotes „J“ für „Jude“ enthielt. Während den Ausweiskontrollen war also vereinbart, dass Frau Kogge sich unter den Sitzen des gemeinsamen Zugabteils verstecken sollte.
Hilfe für die Familie Herzfeld
Auch mit seinem Kollegen Professor Herzfeld und dessen Familie war Konrat Ziegler durch Besuche in stetem Kontakt. Im Oktober 1942 nahm sich das jüdische Paar Herzfeld jedoch das Leben, da es für sich keinen Zukunft mehr sah. Die gemeinsame Tochter Lotte Herzfeld blieb allein zurück. Konrat Ziegler nahm die junge Frau unter dem Namen Lotte Lange mehrfach in seinem Haus auf. Erst nachdem die Zieglers 1943 nach Osterode umzogen, musste Lotte untertauchen, überlebte aber auf diese Weise.
Hilfe für Zieglers Kollegen Professor Kurt Latte
Von den Zwangsentlassungen durch die Nationalsozialisten war 1935 auch der jüdische Professor Kurt Latte betroffen. Wie Konrat Ziegler hatte er 1923 einen Ruf als Professor der Klassischen Philologie an die Greifswalder Universität erhalten, wo die beiden Lehrenden sich kennenlernten. 1933 war Kurt Latte Professor in Göttingen und wurde zunächst als ehemaliger Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg geschont. 1935 wurde er jedoch nach den „Nürnberger Gesetzen“ entlassen. Schon im nächsten Jahr eröffnete sich für ihn zunächst die Möglichkeit, für einen Lehrauftrag in die USA nach Chicago zu reisen, jedoch kehrte er 1937 wegen des gesundheitlichen Zustandes seiner Mutter nach Deutschland zurück. Es folgten schwere Jahre, in denen er in vielen wechselnden Verstecken untertauchte. Für den Fall, dass man ihn entdeckte, hatte er sich eine Kapsel des Giftes Zyankali besorgt, um in den Freitod zu gehen.
1944 wurde die Lage für Kurt Latte in seinem Versteck in Düsseldorf aufgrund der starken Bombardierung durch die Alliierten immer bedrohlicher. Konrat Ziegler lud ihn ein, zu ihm nach Osterode zu kommen. Latte nahm das Angebot schließlich an und wurde zunächst von Zieglers selbst und dann in dem kleinen Ort Freiheit untergebracht. Schon vor Kurt Lattes Besuch hatte Ziegler ihm regelmäßig Lebensmittelkarten und Zigaretten zugesandt. Kurt Latte überlebte den Krieg schließlich auch durch die Hilfe von Konrat Ziegler. Der gemeinsame Briefwechsel zeugt von einem freundschaftlichen, vertrauten Verhältnis zwischen den beiden.
„Er folgte der Einladung und kam, ich besorgte ihm zuerst ein […] Zimmer […], führte ihn bei meinen Freunden ein und sorgte auch sonst nach Möglichkeit für ihn ohne Rücksicht darauf, dass ich mich damit in schwere Gefahr begab, da ich ja wegen Unterstützung jüdischer Freunde bei ihrer Flucht aus Deutschland 1939/40 […] bestraft worden war und als Rückfälliger, zumal in der Hochspannung der letzten Kriegsmonate, mit schwerster Strafe zu rechnen hatte“, schrieb Ziegler im Rückblick (SUB, Aktennotiz v. 18.3.1947).
Prof. Dr. Kurt Latte am 23.10.1947
Lebensweg nach dem Krieg
Die Nachkriegszeit war für Konrat Ziegler von nervlichen Strapazen und Enttäuschungen geprägt. Seine Hoffnungen, nun schnell wieder an die Universität zurückkehren zu dürfen, zerschlugen sich, denn auch nach dem Krieg blieb ihm die Fortsetzung seiner akademischen Laufbahn vorerst verwehrt. Da seine alte Universität vom Krieg stark beschädigt war und sich im kommunistischen Osten befand, bemühte sich Zielger, an der Universität Göttingen eine Anstellung zu finden. Die Universität, an der inzwischen etliche politisch belastete Personen nach kurzen Entnazifizierungsverfahren zurückgekehrt waren, verwehrte ihm jedoch über Jahre diesen Wunsch. Kurt Latte, der zügig im September 1945 in den Universitätsbetrieb zurückberufen wurde, gab Konrat Ziegler sein Versprechen, sich für eine ordentliche Professur einzusetzen. Zu Zieglers großer Enttäuschung aber, hielt Kurt Latte sein Versprechen in entscheidender Situation nicht. Ein herber Schlag für Konrat Ziegler, der die 20-jährige Freundschaft der beiden Professoren fortan belastete.
Es sollte noch einige Jahre dauern, bis Ziegler rehabilitiert und an die Universität Göttingen als ordentlicher Professor berufen wurde. Erst im Dezember 1949 wurde das Urteil von 1940 aufgehoben. 1950 konnte der inzwischen 74-jährige Ziegler seine akademische Laufbahn, wenn auch zunächst nur als Honorarprofessor und auf Drängen des niedersächsischen Kultusministeriums, fortsetzen. Zum vollwertigen Mitglied der Philosophischen Fakultät wurde er erst 1958.
Seine Benachteiligung hat Konrat Zieglers Leidenschaft für Literatur nicht trüben können und ihn nicht an der Fortsetzung seiner philologischen Studien gehindert. Einer von Zieglers größten literarischen Verdiensten ist die Mitherausgeberschaft von Pauly´s Realenzyklopädie der classischen Altertumswissenschaft, ein umfangreiches Nachschlagewerk zur Antike, das bis zum heutigen Tag jeder Studentin und jedem Stundeten der Klassischen Philologie vertraut ist.
Politische Aufgaben
Zieglers Engagement galt auch in der Nachkriegszeit nicht nur der Philologie, sondern weiterhin der Politik. Nach dem Einmarsch der Alliierten fiel Osterode am Harz unter britische Besatzung. Am 17. April 1945 übertrug die britische Militärregierung Konrat Ziegler bis November 1946 die wichtige Position des Landrates in Osterode/Harz.
Konrat Ziegler setzte sich auch in der Nachkriegszeit weiterhin für den Erhalt seiner Werte ein, u.a. als Mitglied der SPD und als Abgeordneter dieser Partei im Rat der Stadt Göttingen (1948–1964). 1958 wurde er zum ersten Vorsitzenden der neugegründeten Göttinger Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit gewählt. Er setzte sich engagiert für die Aufarbeitung der NS-Geschichte ein, z.B. mit der Initiative (1960) für eine Gedenktafel für die Zerstörung der jüdischen Synagoge und der damit im Zusammenhang stehenden Opfer.
Lebensweg nach dem Krieg
Die Nachkriegszeit war für Konrat Ziegler von nervlichen Strapazen und Enttäuschungen geprägt. Seine Hoffnungen, nun schnell wieder an die Universität zurückkehren zu dürfen, zerschlugen sich, denn auch nach dem Krieg blieb ihm die Fortsetzung seiner akademischen Laufbahn vorerst verwehrt. Da seine alte Universität vom Krieg stark beschädigt war und sich im kommunistischen Osten befand, bemühte sich Zielger, an der Universität Göttingen eine Anstellung zu finden. Die Universität, an der inzwischen etliche politisch belastete Personen nach kurzen Entnazifizierungsverfahren zurückgekehrt waren, verwehrte ihm jedoch über Jahre diesen Wunsch. Kurt Latte, der zügig im September 1945 in den Universitätsbetrieb zurückberufen wurde, gab Konrat Ziegler sein Versprechen, sich für eine ordentliche Professur einzusetzen. Zu Zieglers großer Enttäuschung aber, hielt Kurt Latte sein Versprechen in entscheidender Situation nicht. Ein herber Schlag für Konrat Ziegler, der die 20-jährige Freundschaft der beiden Professoren fortan belastete.
Es sollte noch einige Jahre dauern, bis Ziegler rehabilitiert und an die Universität Göttingen als ordentlicher Professor berufen wurde. Erst im Dezember 1949 wurde das Urteil von 1940 aufgehoben. 1950 konnte der inzwischen 74-jährige Ziegler seine akademische Laufbahn, wenn auch zunächst nur als Honorarprofessor und auf Drängen des niedersächsischen Kultusministeriums, fortsetzen. Zum vollwertigen Mitglied der Philosophischen Fakultät wurde er erst 1958.
Seine Benachteiligung hat Konrat Zieglers Leidenschaft für Literatur nicht trüben können und ihn nicht an der Fortsetzung seiner philologischen Studien gehindert. Einer von Zieglers größten literarischen Verdiensten ist die Mitherausgeberschaft von Pauly´s Realenzyklopädie der classischen Altertumswissenschaft, ein umfangreiches Nachschlagewerk zur Antike, das bis zum heutigen Tag jeder Studentin und jedem Stundeten der Klassischen Philologie vertraut ist.
Politische Aufgaben
Zieglers Engagement galt auch in der Nachkriegszeit nicht nur der Philologie, sondern weiterhin der Politik. Nach dem Einmarsch der Alliierten fiel Osterode am Harz unter britische Besatzung. Am 17. April 1945 übertrug die britische Militärregierung Konrat Ziegler bis November 1946 die wichtige Position des Landrates in Osterode/Harz.
Konrat Ziegler setzte sich auch in der Nachkriegszeit weiterhin für den Erhalt seiner Werte ein, u.a. als Mitglied der SPD und als Abgeordneter dieser Partei im Rat der Stadt Göttingen (1948–1964). 1958 wurde er zum ersten Vorsitzenden der neugegründeten Göttinger Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit gewählt. Er setzte sich engagiert für die Aufarbeitung der NS-Geschichte ein, z.B. mit der Initiative (1960) für eine Gedenktafel für die Zerstörung der jüdischen Synagoge und der damit im Zusammenhang stehenden Opfer.
Grab von Konrat Ziegler auf dem Stadtfriedhof Göttingen
Erinnerung und Ehrungen
Konrat Ziegler starb am 8. Januar 1984 im Alter von 90 Jahren. In Göttingen erinnert nicht nur die Tafel am Wohnhaus in der Herzberger Landstraße 70 an sein Wirken. Auch wurde eine Straße in Göttingen nach ihm benannt.
Am 8. Juni 2001 wurde Ziegler schließlich posthum von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt. Im November 2021 wurde eine Gedenktafel an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Greifswalder Blumstraße 13 enthüllt.
Erinnerung und Ehrungen
Konrat Ziegler starb am 8. Januar 1984 im Alter von 90 Jahren. In Göttingen erinnert nicht nur die Tafel am Wohnhaus in der Herzberger Landstraße 70 an sein Wirken. Auch wurde eine Straße in Göttingen nach ihm benannt.
Am 8. Juni 2001 wurde Ziegler schließlich posthum von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt. Im November 2021 wurde eine Gedenktafel an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Greifswalder Blumstraße 13 enthüllt.
Quellen
Die Hilfeleistungen von Konrad Ziegler sind bereits umfangreich erschlossen und aufgearbeitet worden. Die Darstellung basiert auf bereits existierender Literatur sowie teilweise auf Auszügen der Akte aus der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem.
Hans Gärtner: Nachruf Konrat Ziegler, in: Pauly’s Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, Registerband 1980, V–XIX.
Bettina Kratz-Ritter: Konrat Ziegler. Ein Göttinger „Gerechter unter den Völkern“, Schriften der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Göttingen, Heft 2, Göttingen 2002.
Eckart Mensching: Verfolgte Philologen im Berlin der 30er Jahre – Konrat Ziegler vor Berliner Gerichten, in: Nugae zur Philologiegeschichte III, 1990, S. 5–47.
Anikó Szabó: Vertreibung, Rückkehr, Wiedergutmachung. Göttinger Hochschullehrer im Schatten des Nationalsozialismus, 2001.
Cornelia Wegeler: „Wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik". Altertumswissenschaft und Nationalsozialismus. Das Göttinger Institut für Altertumskunde 1921–1962, 1996.
Lothar Wickert: Nachruf Konrat Ziegler, in: Gnomon 46, 1974, S. 636–640.
Bearbeitungsvorschläge
Fassen Sie den Lebensweg von Konrat Ziegler zusammen und erläutern Sie, auf welche Weise er versuchte, anderen Menschen in Not zu helfen.