Groß Oesingen rettete Julius Katz
Aktiv an folgenden Orten:
Rettung eines jüdischen Mitbürgers durch ein ganzes Dorf
In einem Dorf am südlichen Rand der Lüneburger Heide haben die Dorfbewohner den jüdischen Handwerker Julius Katz in der Zeit zwischen 1933 und 1945 unbehelligt unter sich leben lassen und ihn vor der Verfolgung geschützt.
Das Ehepaar Hanni und Julius Katz (2 Reihe, 2./3. v.r.) auf einer Hochzeit in Groß Oesingen im Jahr 1950.
© Calluna-Verlag
Der Gerettete – Julius Katz
Nach allem, was wir wissen, muss Julius Katz ein geselliger und freundlicher Mensch gewesen sein, der sich rege am Dorfleben beteiligte und als Jude vollständig integriert und anerkannt war. Dies hat sicherlich maßgeblich zu seiner Rettung beigetragen. Seine Geschichte beweist, dass die Solidarität der Nachbarn ausgereicht hätte, um das Leben zahlreicher Menschen zu retten.
Julius Katz wurde am 7. Januar 1885 in Osterholz-Scharmbeck geboren. Er heiratete eine Christin, Hanni (geb. 8.12.1898 in Hamburg), und war im Ersten Weltkrieg Unteroffizier. 1919 kam er als Sattlermeister nach Groß Oesingen in die südliche Heide. Später baute er sich dort ein eigenes Haus. Er war ein aufgeschlossener Mann und fügte sich gut in die Dorfgemeinschaft ein. Er war Erster Vorsitzender des Sportvereins und auch im Laienspielverein aktiv. Dass dort vor allem plattdeutsche Spiele gespielt wurden, war für ihn kein Problem, weil er gut Plattdeutsch sprach. Niemand registrierte, dass er Jude war, weil er nicht religiös war und sich sogar ein Schwein hielt.
Trotzdem bedeutete das Jahr 1933 für ihn und seine Frau einen harten Einschnitt. In diesem Jahr durfte Katz als Jude nicht mehr Vorsitzender des Sportvereins sein und musste den Posten aufgeben. Er sollte in den nächsten Jahren zahlreichen Einschränkungen ausgesetzt sein, die den Juden vom NS-Regime zentral auferlegt wurden. So durfte er keine Tiere mehr halten und musste sein Radio und sein Fahrrad abgeben. Da einige Dorfbewohner ihn fortan mieden, gingen auch die Arbeitsaufträge zurück, zumal im Dorf noch ein weiterer Sattlermeister lebte. Arbeit für beide war eigentlich immer genug vorhanden. Julius Katz lebte mit seiner „arischen“ Frau Hanni in einer sogenannten Mischehe und genoss darum einen gewissen Schutz.
Der Gerettete – Julius Katz
Nach allem, was wir wissen, muss Julius Katz ein geselliger und freundlicher Mensch gewesen sein, der sich rege am Dorfleben beteiligte und als Jude vollständig integriert und anerkannt war. Dies hat sicherlich maßgeblich zu seiner Rettung beigetragen. Seine Geschichte beweist, dass die Solidarität der Nachbarn ausgereicht hätte, um das Leben zahlreicher Menschen zu retten.
Julius Katz wurde am 7. Januar 1885 in Osterholz-Scharmbeck geboren. Er heiratete eine Christin, Hanni (geb. 8.12.1898 in Hamburg), und war im Ersten Weltkrieg Unteroffizier. 1919 kam er als Sattlermeister nach Groß Oesingen in die südliche Heide. Später baute er sich dort ein eigenes Haus. Er war ein aufgeschlossener Mann und fügte sich gut in die Dorfgemeinschaft ein. Er war Erster Vorsitzender des Sportvereins und auch im Laienspielverein aktiv. Dass dort vor allem plattdeutsche Spiele gespielt wurden, war für ihn kein Problem, weil er gut Plattdeutsch sprach. Niemand registrierte, dass er Jude war, weil er nicht religiös war und sich sogar ein Schwein hielt.
Trotzdem bedeutete das Jahr 1933 für ihn und seine Frau einen harten Einschnitt. In diesem Jahr durfte Katz als Jude nicht mehr Vorsitzender des Sportvereins sein und musste den Posten aufgeben. Er sollte in den nächsten Jahren zahlreichen Einschränkungen ausgesetzt sein, die den Juden vom NS-Regime zentral auferlegt wurden. So durfte er keine Tiere mehr halten und musste sein Radio und sein Fahrrad abgeben. Da einige Dorfbewohner ihn fortan mieden, gingen auch die Arbeitsaufträge zurück, zumal im Dorf noch ein weiterer Sattlermeister lebte. Arbeit für beide war eigentlich immer genug vorhanden. Julius Katz lebte mit seiner „arischen“ Frau Hanni in einer sogenannten Mischehe und genoss darum einen gewissen Schutz.
Ernst Cordes senior, der Bürgermeister (o.D.) © Calluna-Verlag
Ernst Cordes junior war Ortsgruppenleiter, später ging er freiwillig an die Front. (o.D.) © Calluna-Verlag
Der Bürgermeister, der Ortsgruppenleiter und der Kreisleiter
Die Familie Cordes hatte im Dorf eine hervorgehobene Stellung. Der Vater, Ernst Cordes senior, bekleidete das Amt des Bürgermeisters, während der Sohn, Ernst Cordes junior, seit 1931 Mitglieder der NSDAP und seit 1933 Ortsgruppenleiter war. Er war von Beruf Bäckermeister und betrieb die Bäckerei des Dorfes.
Es war ein großes Glück für Julius Katz, dass Ernst Cordes junior schützend die Hand über ihn hielt. Es ist mündlich überliefert, aber auch in den Protokollen des Entnazifizierungsprozesses von Ernst Cordes Junior nachzulesen, dass Cordes Sattleraufträge der Freiwilligen Feuerwehr an Katz vergab, und dies, obwohl er wusste, dass er sich damit eine Rüge seiner Partei einheimsen würde und einige im Dorf dagegen waren. Auch bot er Julius Katz wegen seiner finanziellen Engpässe an, für die Kohlehandlung, die er neben seiner Bäckerei betrieb, Kohle auszufahren und sich somit etwas dazuzuverdienen. Zweimal verhinderte Ernst Cordes, dass Gestapo-Beamte eine Hausdurchsuchung bei Julius Katz durchführten. Er soll darüber hinaus eine Anzeige gegen den Juden nicht weiterverfolgt haben. Dieser Vorgang, den andere aus Groß Oesingen dem Entnazifizierungsgericht später mitteilten, war ihm bei seinem Gerichtsverfahren entfallen und ist darum nicht von ihm selbst bezeugt.
Sicher war jedoch, dass Ernst Cordes senior, der Vater, der im Ort das Amt des Bürgermeisters bekleidete, Hanni und Julius Katz die vollständige Menge an Lebensmittelmarken zuteilte, obwohl Juden nur die Hälfte bekommen sollten. Von Ernsts Mutter wird darüber hinaus erzählt, dass sie regelmäßig abends einen Korb mit Lebensmitteln vorbeibrachte. Auch durfte Katz bis zum Ende des Krieges in seinem Haus leben.
Als sich Ernst Cordes 1940 freiwillig an die Front meldete, legte er dem Kreisleiter Lütge „seinen Juden“ ans Herz. Lütge war Parteigenosse der ersten Stunde und überzeugter Nationalsozialist. Trotzdem soll er in dieser Unterredung gesagt haben: „Der Jude Katz existiert für uns nicht mehr.“ Kreisleiter Lütge hielt sein Wort: Julius Katz konnte unbehelligt auch die letzten Kriegsjahre überstehen und wurde selbst dann nicht vorgeladen, als im ganzen Reich alle Juden deportiert wurden.
Der Bürgermeister, der Ortsgruppenleiter und der Kreisleiter
Die Familie Cordes hatte im Dorf eine hervorgehobene Stellung. Der Vater, Ernst Cordes senior, bekleidete das Amt des Bürgermeisters, während der Sohn, Ernst Cordes junior, seit 1931 Mitglieder der NSDAP und seit 1933 Ortsgruppenleiter war. Er war von Beruf Bäckermeister und betrieb die Bäckerei des Dorfes.
Es war ein großes Glück für Julius Katz, dass Ernst Cordes junior schützend die Hand über ihn hielt. Es ist mündlich überliefert, aber auch in den Protokollen des Entnazifizierungsprozesses von Ernst Cordes Junior nachzulesen, dass Cordes Sattleraufträge der Freiwilligen Feuerwehr an Katz vergab, und dies, obwohl er wusste, dass er sich damit eine Rüge seiner Partei einheimsen würde und einige im Dorf dagegen waren. Auch bot er Julius Katz wegen seiner finanziellen Engpässe an, für die Kohlehandlung, die er neben seiner Bäckerei betrieb, Kohle auszufahren und sich somit etwas dazuzuverdienen. Zweimal verhinderte Ernst Cordes, dass Gestapo-Beamte eine Hausdurchsuchung bei Julius Katz durchführten. Er soll darüber hinaus eine Anzeige gegen den Juden nicht weiterverfolgt haben. Dieser Vorgang, den andere aus Groß Oesingen dem Entnazifizierungsgericht später mitteilten, war ihm bei seinem Gerichtsverfahren entfallen und ist darum nicht von ihm selbst bezeugt.
Sicher war jedoch, dass Ernst Cordes senior, der Vater, der im Ort das Amt des Bürgermeisters bekleidete, Hanni und Julius Katz die vollständige Menge an Lebensmittelmarken zuteilte, obwohl Juden nur die Hälfte bekommen sollten. Von Ernsts Mutter wird darüber hinaus erzählt, dass sie regelmäßig abends einen Korb mit Lebensmitteln vorbeibrachte. Auch durfte Katz bis zum Ende des Krieges in seinem Haus leben.
Als sich Ernst Cordes 1940 freiwillig an die Front meldete, legte er dem Kreisleiter Lütge „seinen Juden“ ans Herz. Lütge war Parteigenosse der ersten Stunde und überzeugter Nationalsozialist. Trotzdem soll er in dieser Unterredung gesagt haben: „Der Jude Katz existiert für uns nicht mehr.“ Kreisleiter Lütge hielt sein Wort: Julius Katz konnte unbehelligt auch die letzten Kriegsjahre überstehen und wurde selbst dann nicht vorgeladen, als im ganzen Reich alle Juden deportiert wurden.
Solidarität im Dorf
Der mündlichen Überlieferung nach trug Ernst Cordes im Dorf meistens keinen Stern, was insgesamt geduldet wurde, ihn aber hin und wieder in Schwierigkeiten brachte. Auf einer Reise, die er gemeinsam mit einem Dorfbewohner zu Verwandten unternahm, trug er einmal mehr keinen Stern. Zu dem Zeitpunkt durfte er als Jude eigentlich nicht einmal seinen Wohnort verlassen. Als ihn die Polizei auf dem Rückweg ohne den Stern erwischte und anzeigen wollte, setzte sich der Dorfpolizist Helmke für ihn ein. Der Fall wurde schließlich nicht weiter verfolgt.
Nach der sogenannten Wannseekonferenz 1942 verschlechterte sich auch die Situation von Julius Katz. Er hielt sich darum bedeckt und verließ nur selten das Haus. Trotzdem erledigte er noch Sattleraufgaben für die Bauern, die ihn heimlich besuchten und ihn mit Lebensmitteln versorgten. Er selbst gab später vor Gericht als Zeuge an, dass man ihm 1943 das Haus nehmen wollte, diese Enteignung jedoch ebenfalls verhindert wurde. Eine Vorladung erhielt er nie.
Solidarität im Dorf
Der mündlichen Überlieferung nach trug Ernst Cordes im Dorf meistens keinen Stern, was insgesamt geduldet wurde, ihn aber hin und wieder in Schwierigkeiten brachte. Auf einer Reise, die er gemeinsam mit einem Dorfbewohner zu Verwandten unternahm, trug er einmal mehr keinen Stern. Zu dem Zeitpunkt durfte er als Jude eigentlich nicht einmal seinen Wohnort verlassen. Als ihn die Polizei auf dem Rückweg ohne den Stern erwischte und anzeigen wollte, setzte sich der Dorfpolizist Helmke für ihn ein. Der Fall wurde schließlich nicht weiter verfolgt.
Nach der sogenannten Wannseekonferenz 1942 verschlechterte sich auch die Situation von Julius Katz. Er hielt sich darum bedeckt und verließ nur selten das Haus. Trotzdem erledigte er noch Sattleraufgaben für die Bauern, die ihn heimlich besuchten und ihn mit Lebensmitteln versorgten. Er selbst gab später vor Gericht als Zeuge an, dass man ihm 1943 das Haus nehmen wollte, diese Enteignung jedoch ebenfalls verhindert wurde. Eine Vorladung erhielt er nie.
Liste der antijüdischen Maßnahmen, denen Katz sich entziehen konnte:
- Juden müssen einen gelben Stern tragen.
- Juden dürfen keinen Besitz haben.
- Juden dürfen nicht von „arischen“ Ärzten behandelt werden.
- Juden erhalten nur die Hälfte der Lebensmittelrationen.
- Juden müssen Zwangsarbeit leisten.
- Juden dürfen ihren Wohnort nicht verlassen.
- Juden werden deportiert und ermordet.
Liste der antijüdischen Maßnahmen, denen Katz sich entziehen konnte:
- Juden müssen einen gelben Stern tragen.
- Juden dürfen keinen Besitz haben.
- Juden dürfen nicht von „arischen“ Ärzten behandelt werden.
- Juden erhalten nur die Hälfte der Lebensmittelrationen.
- Juden müssen Zwangsarbeit leisten.
- Juden dürfen ihren Wohnort nicht verlassen.
- Juden werden deportiert und ermordet.
Wie verhielt sich das Dorf insgesamt? Aus den spärlichen Akten und aus mündlicher Überlieferung ist bekannt, dass unter den Bewohnern einige stramme Nationalsozialisten lebten, allen voran der Lehrer Speidel, der gern eine SA-Uniform trug und gelegentlich Julius Katz schikanierte. Aber die meisten Dorfbewohner akzeptierten, dass Julius Katz unter ihnen bleiben durfte, und nahmen weiterhin gern seine Dienste in Anspruch – zumal er der einzige Sattlermeister des Dorfes war, nachdem der andere für den Krieg eingezogen wurde. Die Rolle der Familie Cordes scheint dabei entscheidend gewesen zu sein. In den Lebenserinnerungen einer Dorfbewohnerin wird konstatiert, dass Julius Kranz sowie der regimekritische Dorfpastor und der Kirchenvorsteher nicht überlebt hätten, wenn Bürgermeister Cordes nicht gewesen wäre. Für die soziale Einstellung der Familie Cordes spricht auch die Tatsache, dass der ihnen zugewiesene französische Zwangsarbeiter Pierre Roger noch nach dem Krieg den Kontakt zu ihnen aufrecht erhielt und in seinen Lebensaufzeichnungen davon spricht, in Groß Oesingen eine Familie gefunden zu haben.
Trotzdem müssen sich darüber hinaus weitere Leute mit dem Ehepaar Katz solidarisch gezeigt haben. Von dem in Hankenbüttel praktizierenden Zahnarzt F. Otto Könecke ist bekannt, dass er den jüdischen Sattlermeister aus Groß Oesingen behandelt hat. Das war verboten und gefährlich. Katz durfte sein Dorf nicht verlassen und der deutsche Arzt durfte keine Juden behandeln. Es wird darüber hinaus kolportiert, dass die Dorfbewohner dem Ehepaar Katz häufig mit Naturalien und allem, was sie brauchten, aushalfen. Vielleicht beeinflussten auch die Predigten des Pastors Schramm, der zur Bekennenden Kirche gehörte, die Stimmung in Groß Oesingen. Sicher ist auf jeden Fall, dass Katz die Zeit des Nationalsozialismus in seinem Dorf überleben konnte.
Als am 13. April 1945 das Dorf von den Amerikanern eingenommen und der Bürgermeister verhaftet wurde, konnte sich Katz revanchieren. Er legte Dokumente vor, die bewiesen, dass er Jude sei, und erklärte, warum er überleben konnte. Ernst Cordes senior wurde sofort wieder freigelassen.
Wie verhielt sich das Dorf insgesamt? Aus den spärlichen Akten und aus mündlicher Überlieferung ist bekannt, dass unter den Bewohnern einige stramme Nationalsozialisten lebten, allen voran der Lehrer Speidel, der gern eine SA-Uniform trug und gelegentlich Julius Katz schikanierte. Aber die meisten Dorfbewohner akzeptierten, dass Julius Katz unter ihnen bleiben durfte, und nahmen weiterhin gern seine Dienste in Anspruch – zumal er der einzige Sattlermeister des Dorfes war, nachdem der andere für den Krieg eingezogen wurde. Die Rolle der Familie Cordes scheint dabei entscheidend gewesen zu sein. In den Lebenserinnerungen einer Dorfbewohnerin wird konstatiert, dass Julius Kranz sowie der regimekritische Dorfpastor und der Kirchenvorsteher nicht überlebt hätten, wenn Bürgermeister Cordes nicht gewesen wäre. Für die soziale Einstellung der Familie Cordes spricht auch die Tatsache, dass der ihnen zugewiesene französische Zwangsarbeiter Pierre Roger noch nach dem Krieg den Kontakt zu ihnen aufrecht erhielt und in seinen Lebensaufzeichnungen davon spricht, in Groß Oesingen eine Familie gefunden zu haben.
Trotzdem müssen sich darüber hinaus weitere Leute mit dem Ehepaar Katz solidarisch gezeigt haben. Von dem in Hankenbüttel praktizierenden Zahnarzt F. Otto Könecke ist bekannt, dass er den jüdischen Sattlermeister aus Groß Oesingen behandelt hat. Das war verboten und gefährlich. Katz durfte sein Dorf nicht verlassen und der deutsche Arzt durfte keine Juden behandeln. Es wird darüber hinaus kolportiert, dass die Dorfbewohner dem Ehepaar Katz häufig mit Naturalien und allem, was sie brauchten, aushalfen. Vielleicht beeinflussten auch die Predigten des Pastors Schramm, der zur Bekennenden Kirche gehörte, die Stimmung in Groß Oesingen. Sicher ist auf jeden Fall, dass Katz die Zeit des Nationalsozialismus in seinem Dorf überleben konnte.
Als am 13. April 1945 das Dorf von den Amerikanern eingenommen und der Bürgermeister verhaftet wurde, konnte sich Katz revanchieren. Er legte Dokumente vor, die bewiesen, dass er Jude sei, und erklärte, warum er überleben konnte. Ernst Cordes senior wurde sofort wieder freigelassen.
Auch der Polizist Helmke wurde nach dem Krieg durch Julius Katz entlastet.
Nach 1945
Nach dem Krieg ließ sich Julius Kratz zum Christen taufen. Der Taufeintrag im Kirchenbuch der Gemeinde lautet: „Katz, Julius, Jude in Groß Oesingen, als Paten sind aufgeführt der Kirchenvorsteher Wilhelm Schulze und der Landwirt Willi Wolter“. Das Ehepaar Katz hatte nach seinem Tod einen Ehrenplatz auf dem Friedhof des Dorfes erhalten. Er steht heute am Hauptweg zur Kapelle.
Ernst Cordes junior wurde nach dem Krieg wegen seiner Position als NSDAP-Ortsgruppenleiter zwei Jahre interniert, bevor er sich vor einem Entnazifizierungsgericht verteidigen konnte. Julius Katz hat durch sein Zeugnis zu seiner Entlassung aus der Haft beigetragen. Hier ein Auszug aus den Ermittlungsakten:
Nach 1945
Nach dem Krieg ließ sich Julius Kratz zum Christen taufen. Der Taufeintrag im Kirchenbuch der Gemeinde lautet: „Katz, Julius, Jude in Groß Oesingen, als Paten sind aufgeführt der Kirchenvorsteher Wilhelm Schulze und der Landwirt Willi Wolter“. Das Ehepaar Katz hatte nach seinem Tod einen Ehrenplatz auf dem Friedhof des Dorfes erhalten. Er steht heute am Hauptweg zur Kapelle.
Ernst Cordes junior wurde nach dem Krieg wegen seiner Position als NSDAP-Ortsgruppenleiter zwei Jahre interniert, bevor er sich vor einem Entnazifizierungsgericht verteidigen konnte. Julius Katz hat durch sein Zeugnis zu seiner Entlassung aus der Haft beigetragen. Hier ein Auszug aus den Ermittlungsakten:
Zeugenaussage von Julius Katz im Entnazifizierungsverfahren von Ernst Cordes junior
(Aus dem Buch Rohde, Einer von uns – S. 110f.)
Ein Nachtrag: Die verweigerte Solidarität
Anders als Julius Katz machte der Volksschullehrer in Groß Oesingen schlechte Erfahrungen. Die überzeugten Nationalsozialisten im Dorf setzten alles daran, den Sozialdemokraten aus dem Schuldienst zu entfernen. Sie verboten ihm, als Organist in der Kirche tätig zu sein, und warfen ihm die Fensterscheiben ein.
Ein Nachtrag: Die verweigerte Solidarität
Anders als Julius Katz machte der Volksschullehrer in Groß Oesingen schlechte Erfahrungen. Die überzeugten Nationalsozialisten im Dorf setzten alles daran, den Sozialdemokraten aus dem Schuldienst zu entfernen. Sie verboten ihm, als Organist in der Kirche tätig zu sein, und warfen ihm die Fensterscheiben ein.
August Helberg, Foto aus der Zeit nach seiner Entlassung aus Groß Oesingen.
© Calluna-Verlag
Nach der späteren Erzählung der Tochter von August Helberg waren an der Entfernung ihres Vaters aus der Schule in Groß Oesingen die gleichen Personen beteiligt, die sich für den jüdischen Handwerker eingesetzt haben. Wie passt dies zusammen? Die Tochter kann heute nur noch Vermutungen anstellen:
„Lütje war ein ganz scharfer junger Nazi-Anhänger. Was Cordes gegen meinen Vater hatte, weiß ich nicht. Mein Vater hatte zum Beispiel dafür gesorgt, dass auch kleine Bauern zu eigenem Land kamen. Er hat Katz bei seinen Plänen eines Hausbaus unterstützt. Das alles hat den Nazis wohl nicht gepasst. […] Die genannten Personen [gemeint: Ortsgruppenleiter Wrede, Bürgermeister Cordes, Ortsbauernführer Dierks und Kreisleiter Lütje] setzten alles daran, dass mein Vater völlig aus dem Schuldienst entfernt wurde. Von heute auf morgen wurde ihm bedeutet, dass er die Schule nicht mehr betreten dürfe. In der vorgesetzten Dienstbehörde setzten sich danach wohlmeinende Männer für ihn ein, so dass er dann in Leiferde wieder beschäftigt wurde, allerdings in einer niederigeren Stellung. Die Schulkinder, die meinen Vater sehr mochten, brachten ihm viele Blumensträuße zum Abschied. Den größten aber schenkte ihm die Tochter des damaligen Ortsgruppenleiters Wrede. Übrigens, seine Frau soll wegen der Entlassung meines Vaters geweint haben.“ (Zitat aus dem Buch von Jürgen Rohde: Einer von uns. Die wundersame Geschichte des Juden Julius Katz. Gifhorn/Oerrel/Uelzen 2015, S41f.)
In seinen eigenen Erinnerungen behauptet August Helberg, dass viele aus dem Dorf, „eigentlich alle“, ihm geholfen hätten. Man kann nur mutmaßen, warum er nach 1945 entschieden hat, seine Geschichte so darzustellen.
Nach der späteren Erzählung der Tochter von August Helberg waren an der Entfernung ihres Vaters aus der Schule in Groß Oesingen die gleichen Personen beteiligt, die sich für den jüdischen Handwerker eingesetzt haben. Wie passt dies zusammen? Die Tochter kann heute nur noch Vermutungen anstellen:
„Lütje war ein ganz scharfer junger Nazi-Anhänger. Was Cordes gegen meinen Vater hatte, weiß ich nicht. Mein Vater hatte zum Beispiel dafür gesorgt, dass auch kleine Bauern zu eigenem Land kamen. Er hat Katz bei seinen Plänen eines Hausbaus unterstützt. Das alles hat den Nazis wohl nicht gepasst. […] Die genannten Personen [gemeint: Ortsgruppenleiter Wrede, Bürgermeister Cordes, Ortsbauernführer Dierks und Kreisleiter Lütje] setzten alles daran, dass mein Vater völlig aus dem Schuldienst entfernt wurde. Von heute auf morgen wurde ihm bedeutet, dass er die Schule nicht mehr betreten dürfe. In der vorgesetzten Dienstbehörde setzten sich danach wohlmeinende Männer für ihn ein, so dass er dann in Leiferde wieder beschäftigt wurde, allerdings in einer niederigeren Stellung. Die Schulkinder, die meinen Vater sehr mochten, brachten ihm viele Blumensträuße zum Abschied. Den größten aber schenkte ihm die Tochter des damaligen Ortsgruppenleiters Wrede. Übrigens, seine Frau soll wegen der Entlassung meines Vaters geweint haben.“ (Zitat aus dem Buch von Jürgen Rohde: Einer von uns. Die wundersame Geschichte des Juden Julius Katz. Gifhorn/Oerrel/Uelzen 2015, S41f.)
In seinen eigenen Erinnerungen behauptet August Helberg, dass viele aus dem Dorf, „eigentlich alle“, ihm geholfen hätten. Man kann nur mutmaßen, warum er nach 1945 entschieden hat, seine Geschichte so darzustellen.
Quellen
Die Ereignisse in Groß Oesingen hat ein Gymnasiallehrer aus Hankenbüttel, Jürgen Rohde, recherchiert und in einem Buch zu einer Geschichte verarbeitet. Diesem Buch sind die Informationen dieses Eintrags entnommen. Jürgen Rohde hat Akten im Archiv eingesehen und Interviews mit Zeitzeugen geführt.
Jürgen Rohde: Einer von uns. Die wundersame Geschichte des Juden Julius Katz. Gifhorn/Oerrel/Uelzen 2015 (2. Auflage).
Bearbeitungsvorschläge
Stellen Sie Vermutungen an, warum viele Menschen in Groß Oesingen Julius Katz und seiner Frau während der Zeit des Nationalsozialismus halfen und sich damit sogar selbst dem Risiko aussetzten, bestraft zu werden. Finden Sie auch mögliche Erklärungen dafür, warum dem Sozialdemokraten August Helberg nicht ähnliche Unterstützung zu teil wurde.